Blog Annettes Schreibzeug

In meinem Blog Annettes Schreibzeug   erzähle ich Geschichten von Menschen, von Ereignissen, sammle besondere Momente und nehme Bezug auf aktuelle Themen der Zeit. Ich freue mich, euch Lori vorstellen zu dürfen. Sie ist als Gast ins Schreibzeug eingezogen und wird uns hier auch an ihren Gedanken teilhaben lassen. In der Kategorie "aus der Schreibwerkstatt" findet ihr Texte aus dem kreativen und biographischen Schreiben in Zusammenarbeit mit der Schreibheimat  https://www.schreibheimat.de/

Neuigkeiten im Schreibzeug

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11.09.2025, 18:16

Lebendig, oder die Kraft eines Fotos mit Badeanzug

Was ein gut sitzender Badeanzug für das eigene Körperempfinden tun kann und wie lebendig es sich anfühlt.   mehr


28.08.2025, 17:13

Jede Geschichte zählt

Wie wichtig Geschichten sind und dass sie umso kostbarer werden, desto älter ihre Erzähler: innen sind, konnte ich letzten Dienstag im „Erzähl-Café “ am „AGAPLESION HEIMATHAUS“ in Darmstadt erfahren.    mehr




Neueste 5 Einträge

  • Lebendig, oder die Kraft eines Fotos mit Badeanzug
  • Weil jede Geschichte zählt
  • Welterklärer, verzweifelt gesucht?
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  • Wie frei ist der Tod?

25.08.2023

Retired

retiered1.jpgIch hörte es zu ersten Mal bei einem Gastbesuch italienischer Familien in unserer Gemeinde. Kaum hatte der große Reisebus auf dem Rathausplatz seine Türen geöffnet und seine Reisenden entlassen, begann ein hölzernes deutsch-italienisches Begrüßungsritual. Zum Gruß ausgestreckte Hände griffen ohne ein Gegenüber ins Leere,  Wangenküsschen rechts und links landeten ebenso im Nichts. Im allgemeinen Gemenge trafen sich auch schon mal zwei unsicher Küssende, beide unvertraut in italienischen Gepflogenheiten.
In bestem Oxford Englisch begrüßte uns unser Gast und umriss ausführlich seinen familiären Staus und beruflichen Werdegang. Und dann kam es, das Wort „retired“. Mein Englisch war nicht schlecht, doch scheinbar nicht gut genug, dass dieses Wort je Einzug in mein Vokabelschatz gefunden hatte. Ich dachte ist er müde? oder gar nicht müde?
Beim lauten Rattern der Rollkofferräder und weiteren Ausführungen des italienischen Lebens im Vergleich zum Deutschen, verstand ich es. „Retired“. Er ist in Rente und dass er überhaupt keine Anzeichen von Müdigkeit bot, wurde mir ebenfalls schnell klar.
„Retired“  in Bezug auf die Müdigkeit am besten wohl mit „Ruhestand“ zu übersetzten.
Mich sollte dieser Ruhestand auch bald ereilen. Kann einen  Ruhe ereilen? Irgendwie schon, denn sie kam schneller als gedacht.
Doch vor was würde ich nun meine Ruhe haben? Ruhe davor, dass jemand was von mir will? Ruhe vor dem Wecker, der mich allmorgendlich mahnte, mich aus dem Bett zu schälen? Ruhe vor den Anstrengungen, der Anerkennung und Wertschätzungen im Arbeitsalltag, Ruhe vor der Übernahme von frei flottierender Verantwortung, die keiner übernehmen will, Ruhe vor den Kolleginnen, die bei angelehnter Bürotür nur eine kurze Frage haben, Ruhe vor dem glitschigen Parkett von Meetings, Empfängen und dem Who ist Who in Veranstaltungen?
Ruhe, ein ambivalenter Zustand.
Und was ist nun mit der Ruhe im Ruhestand?
Es ist auch die Ruhe vor Versorgungsverpflichtungen, die Kinder gehen auf eigenen Beinen, die Eltern sind begraben und betrauert. Ruhe vor dem Standhalten müssen, dem sich Durchsetzen müssen, dem Kleinbeigeben, der Diplomatie im Arbeitsalltag.
Ruhestand macht die Tür auf, zu einem Stück Freiheit, solange die Kraft zur Autonomie sie zulässt. Freiheit, den Tag kommen oder gehen zu lassen. Freiheit, die kalkummantelten Sehnsuchtsperlen der Seelen-Auster ans Tageslicht zu bringen. Freiheit, in der Ruhe die leise innere Stimme zu hören.
Yes, I‘ am retired.
#yesIamretired
Foto privat, Wand Foto in Popolonia, Toskana Popolonia

Admin - 22:51:22 @ aus der Schreibwerkstatt | Kommentar hinzufügen

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