Blog Annettes Schreibzeug

In meinem Blog "Annettes-Schreibzeug" erzähle ich Geschichten von Menschen, von Ereignissen, sammle besondere Momente und nehme Bezug auf aktuelle Themen der Zeit. Ich freue mich, euch Lori vorstellen zu dürfen. Sie ist als Gast ins Schreibzeug eingezogen und wird uns im „Lori Journal“ an ihren Gedanken teilhaben lassen.

Neuigkeiten im Schreibzeug

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14.04.2025, 13:55

"Walk and Talk" Biebesheimer Frauenspaziergang

Die sogenannten „Ladies Strolls“, geplante Spaziergänge für Frauen, die gern neue Kontakte knüpfen möchten.    mehr


26.03.2025, 17:46

Leichtigkeit, ein schweres Geschäft

von der Suche nach Leichtigkeit, Impuls Vanessa Geuen https://www.schreibheimat.de/angebote   mehr




Neueste 5 Einträge

  • „Walk and Talk“, Biebesheimer Frauenspaziergang ist gestartet.
  • Leichtigkeit, ein schweres Geschäft
  • Schutzgebiet der Wut
  • Eine Ode an die Freundin
  • #Demokratieschützen

15.06.2024

Dialog mit der Schönheit

rollstuhl.jpgDialog mit der Schönheit
Ich:  Dass ich dich hier treffe, hätte ich nicht erwartet. Hier riecht es nach Armut, Mensch und altem Mittagessen.

Schönheit: Ich bin schon die ganze Zeit hier, du hast mich nicht gesehen.

Ich: Was willst du hier. Schau dich doch um, wo du hier bist. Der lange Flur, in den kein Tageslicht fällt. Die gelbe Farbe der Wände ist verblasst, der Putz abgekratzt von Fingernägeln, die Halt suchen. Die eilig vorbei geschobenen Betten haben ihre Spuren hinterlassen. Kein Ort, wo ich dich vermuten würde.

Schönheit: Wenn du mich bisher nicht sehen konntest, lieg es nicht an mir.

Ich: Ach, jetzt bin ich schuld? Du machst hier deinen Job nicht, du Schönheit.  Du sitzt hier faul rum. Mach doch die Augen auf und schau, wo du hier bist. Der Speisesaal ist eine Ansammlung von Tischen und Stühlen, auf denen Menschen vor ich hindösen. Die Essensmahlzeiten sind  die einzige Taktung des Tages. Bunte Plastikbecher und abwaschbare Tischsets sorgen für bruchsichere Keimfreiheit.
Deine Tätigkeit erschöpft sich in den Pastellfarben der Plastikbecher, die versuchen der Tristesse die Stirn zu bieten.

Schönheit: Siehst du die Tochter, die mit ihrer Mutter den langen Flur auf und ab geht?

Ich: Ja, natürlich sehe ich sie. Sie kommt jeden Tag. Ihre Mutter hängt an ihrem Arm, wie eine zu schwer gewordene Einkaufstasche. Sie reden kein Wort miteinander.

Schönheit: Sie reden nicht. Es gibt keine Worte mehr zwischen ihnen. Ihre Sprache ist das Leuchten in den Augen der alten Frau, wenn sie in der scheinbar unendlichen Warteschlange des Tages die Orientierung verloren hat und dann, irgendwann den Schritt ihrer Tochter auf dem Flur erkennt.

Ich: Willst du mir sagen, dass das Schönheit ist?

Schönheit: Du bist wütend auf mich!

Ich: Du sitzt hier rum, erzählst mit was von leuchtenden Augen und davon, dass ich dich nicht sehen kann. Du hast  mich verlassen!!!!

Schönheit: Ich habe dich nie verlassen, ich war immer da.

Ich: So ein Quatsch. Sieh mich an. Was siehst du? Schönheit?
Frauemkopf2.jpgSchönheit: Ich bin ein Geschenk, du musstest nichts für mich tun. Hand in Hand liefen wir durch dein Leben. Ich öffnete Türen und Herzen für dich. Der Raum strahlte, wenn du ihn betratst. Du hast dich auf mich verlassen, du konntest dich auf mich verlassen. Damals war es leicht für dich, mich zu sehen.
Dann begann die Zeit, in der die Angst in dir  aufstieg, ich könne dir abhanden kommen. Du begannst an meiner Kraft zu zweifeln. Du gabst viel Geld für Kleidung und Kosmetik aus. Ich blieb. Du hast nicht verstanden, dass sowieso geblieben wäre.
 
Ich: Doch irgendwann hast du mich verlassen. Wo warst du in dem letzten Monate, als die Welt über mir zusammenbrach. Als ich mich verloren, hässlich und hilflos fühlte. Als die Wut meine einzige Vertraute war?

Schönheit: Ich war da. Du hast mir viel abverlangt. Ich habe dir über die Wange gestreichelt, ich habe dir die Energie gegeben, dich morgens anzuziehen, auch wenn die Arme und Beine, wie aus Blei schienen. Ich habe dafür gesorgt, dass du die Kraft sammeln konntest, um allein auf die Toilette gehen zu können und habe dir die Freude geschenkt, wenn du deinen Duft an dir riechen konntest. Ich habe dafür gesorgt, dass dein Rücken grade wurde, wenn am Fußende deines Bettes über dich bestimmt wurde. Ich habe deinen Blick und deine Stimme klar und fest sein lassen. Ich habe für deine Würde gesorgt.

Eine Tür fällt laut ins Schloss. Ein Windzug hatte ein Fenster geöffnet. Sonnenlicht bricht sich in den bunten Plastikbechern, die wie aufgereihte Lämpchen leuchten.
Sonnenlicht wärmt mein Gesicht.

Admin - 21:44:58 @ | Kommentar hinzufügen

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